Design & Praxis, Bildbearbeitung

Wie kann ein gutes Fotobuch gestaltet werden?

14.08.2019

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Das «perfekte» Fotobuch planen

Die besten Fotos schlummern oft in den Tiefen einer Harddisk. Wer sie auf günstige Weise sichtbar machen will, stellt ein Fotobuch her. Ein paar Tipps helfen Handyknipsern und ambitionierten Fotografen/- innen.

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Fotoalben sind schöne Erinnerungen an die Urlaubsreise, die Hochzeit oder ans Familienfest. Gute Bilder wollen im Fotobuch vorteilhaft inszeniert werden – doch wer kann schon mehrere Fotos auf einer Doppelseite schön inszenieren? Buchtypografie ist eine Königsdisziplin, die selbst gestandene Berufsleute der grafischen Branche selten beherrschen. Im ersten Teil beschreibe ich den planerischen Teil, im zweiten geht es um Gestaltungstipps.

Konzept

fb_1Das Vorgehen beginnt mit der Planung. Welches ist die passende Buchgrösse? Die Angebote der Hersteller reichen von Fingerkino bis hin zu knapp A3. Verkürzt sind es A6, A5, A4 und A3 im Hoch- und Querformat, dann die quadratischen Formate um 15×15, 20×20 und 30×30 cm. Die genauen Formate unterscheiden sich von Anbieter zu Anbieter, es existieren dafür auch Formatnamen wie «Wide», «Jumbo» und weitere. Die Formatangaben beziehen sich immer auf die Seitengrösse des Inhaltes, nicht auf den Umschlag, der jeweils etwas grösser ist. Manchmal bestehen Unklarheiten, weil gewisse Hersteller zum Beispiel A4 als Grössenordnung betrachten und die effektive Grösse in der Praxis dann aber abweicht. A3 betrachte ich als obere Grenze für ein Fotobuch, vor allem als Querformat ist ein solches Werk schwerfällig zu handhaben. Auf der anderen Seite sind Kleinstprodukte wie zum Beispiel im Format 5×10 cm fast nicht mehr gestaltbar; da ist es am besten, einfach auf jeder Seite ein Bild zu platzieren. Ob hoch, quer oder quadratisch spielt bei der Gestaltung keine Rolle, man kann mit allen Formaten schöne Bücher gestalten. Wer querformatige Motive bevorzugt, ist mit dem Buch im Querformat allerdings komfortabler bedient, weil die Aufnahmen grösser gestaltet werden können, als dies bei einem Hochformat möglich ist.

Die Formatgrösse beeinflusst die Papierwahl. Man kann Fotobücher auf mit Fotopapier herstellen lassen, im andern Fall werden sie digital gedruckt. Bei der Fotopapierbelichtung werden Fotoabzüge gegenseitig kaschiert und zu einem Buch gebunden. Die Papierwahl beschränkt sich hier auf matt, mattglänzend und Hochglanz. Die Papierdicke ist vorgegeben. Durch das Zusammenkleben der Fotoabzüge entstehen dicke, etwas steif wirkende Seiten. Beim Digitaldruck ist die Auswahl an Papiersorten und die Wahl der Papierdicke grösser. Bezüglich Oberfläche gibt es glänzend, halbglänzend und matt. Nebst weissen Standardsorten sind auch Naturpapiere im Angebot, die eine weichere und haptisch ansprechende Oberfläche aufweisen. Für Bücher im Format A4 empfehle ich 170 g/m2. Bei A3 liegt das Papiergewicht bei 240 bis 300 g/m2.

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Bindeart

Bei einer Fadenheftung liegt das Buch fast so flach auf wie bei Flatbind.Weiter gehts um die Bindeart: Bestimmte Typen von Fotobüchern können als Broschüre mit Drahtklammer geheftet werden, die meisten werden wohl mit Hardcover klebegebunden. Flatbind nennt sich die Bindung, bei der die Fotobücher flach aufliegen. Vor allem bei bundüberlaufenden Motiven ist der Bund immer wieder ein Stolperstein, weil durch die Klammerwirkung der Bindung der «doppelseitige Panoramablick» gestört wird. Bei der Planung geht es schliesslich auch um den Seitenumfang und damit verbunden ums Budget. Der Seitenumfang ist bezüglich Formatgrösse limitiert, man kann also kein Fotobuch mit 4 Seiten oder mit 400 Seiten produzieren. Bücher im Format A4 oder kleiner müssen eine Seitenzahl aufweisen, die durch vier geteilt werden kann. Bei der Fotopapierbelichtung oder bei grösseren Formaten muss die Seitenzahl durch zwei teilbar sein.

Nun ist es so, dass nicht alle Möglichkeiten frei kombiniert werden können, der Bucheinband Softcover ist zum Beispiel limitiert auf bestimmte Formatgrössen. Ein A3-Querformat mit 100 Seiten kann man sinnvollerweise nicht mit Softcover oder Drahtheftung herstellen.

Die Fotobuchhersteller arbeiten meist mit einer benutzerfreundlichen Software, die es Laien erlaubt, mit Leichtigkeit ein Fotobuch zu produzieren. Für Personen, die mit InDesign arbeiten, gibt es bei einigen Anbietern die Möglichkeit, das Projekt in In- Design zu gestalten und ein PDF hochzuladen.

Testsieger?

Fotobücher werden immer wieder durch Konsumentenmagazine beurteilt – in der Werbung jeweils lautstark benützt. Aus meiner Erfahrung ist die Druckqualität durchwegs hoch, kein Wunder, werden fast überall die gleichen Digitaldruckmaschinen eingesetzt: HP Indigo oder Xerox iGen.

Für schlecht gedruckte Bilder ist meistens nicht der Drucker verantwortlich, sondern die mangelhaft aufbereiteten Bilder der Anwender. So wird aus unbearbeiteten JPG-Bildern nicht das Gleiche herauskommen wie aus RAW-Bildern, die in Lightroom/Photoshop nachbearbeitet und geschärft wurden. Bei der Technik Fotopapier arbeiten heute fast alle Anbieter mit Fotopapier von Fuji. Die Tester ignorieren die Software meist, sie ist jedoch matchentscheidend, wenn es um Gestaltungsfreiräume geht.

Inhaltliche Struktur

Viele Ferienfotografen/innen wählen ganz intuitiv eine chronologische Abfolge, die zugleich mit den aufsteigenden Dateinamen der Bilder korrespondiert. Chronologie ist aber nicht zwingend, es gibt andere Möglichkeiten, ein Buch zu strukturieren. Zudem kann der Inhalt ja auch monothematisch sein und nur Landschaftsbilder zeigen oder Architekturaufnahmen. Eine andere Struktur wäre mal nach formalen Kriterien geordnet: zuerst alle Farbfotos, dann alle Schwarz-Weiss-Aufnahmen. Oder: zuerst alle Landschaftsaufnahmen, gefolgt von Personen, dann die Bilder, die in der Nacht entstanden sind, zuletzt die Berge. Die inhaltliche Struktur ist für die Betrachtungsabfolge enorm wichtig. Sie wird am besten mit einer kleinen Skizze (s. Abb.) festgelegt. Wer nach dem Fotografieren gleich mit der Fotobuchsoftware loslegt, hat ziemlich schlechte Karten, ein gutes Resultat zu erzielen.

Die Selektion der besten Fotos

Wenn die vorher beschriebenen Entscheide getroffen sind, gehts an die Selektion der Bilder. Für die Anzahl Bilder gehe ich von der Seitenzahl aus und wähle etwa doppelt so viele Bilder aus. Im Durchschnitt veranschlage man pro Seite 11/2 Bilder. Man zeige lieber nur die guten Fotos, die aber umso grösser. Die Mindestgrösse eines Bildes liegt bei etwa 8 cm Breite. Briefmarkenbilder gehören nicht ins Fotobuch. Fotobuchportale verlangen bestimmte Bildformate, so ist JPG überall akzeptiert und PSD nirgends. PNG mit Transparenz, zum Beispiel mit Freistellern, nicht überall.

Ich verwalte meine Bilder in Lightroom, dort entwickle ich sie. Meine Auswahl fürs Buch exportiere ich alle im gleichen Format, in 30 cm Breite, als JPG in einen Ordner. Diesen Ordner ziehe ich in die Bilderleiste der Fotobuchsoftware. Nach der Gestaltung bearbeite ich jedes einzelne Bild in Photoshop auf die richtige Grösse und schärfe es. Die alten Bilder werden nun an der gleichen Position durch die neuen ersetzt.

Textelemente: Ohne Plan wird kein Haus gebaut. Auch Fotobücher gelingen leichter, wenn im Kopf Klarheit herrscht.Texte im Fotobuch

Die meisten Fotografen sind total unruhig und möchten ihre Resultate möglichst schnell im Fotobuch verewigen. Mit Automatismen kann man die Bilder einfach abfüllen lassen. Die Software bestimmt Grösse, Bildzahl und Position der Bilder auf der Seite. Ein Fotobuch will jedoch strukturiert sein. Es hat ein Cover mit Titelgestaltung, eventuell ein Impressum, Seitenzahlen, ein Inhaltsverzeichnis, Kapiteltitel, einen Beschrieb des Autors, Bildlegenden, Einleitungstexte, Sponsorenhinweise und dergleichen mehr.

Texte werden von Fotografen oft unterschätzt – denn sie sind der Ansicht, dass ihre Bilder für sich sprechen. Mit diesem Argument könnte man alle Bilder einfach so in die Welt entlassen – mit gutem Grund macht dies niemand. Texte sind Sehhilfen, sie sollen nicht das Gesehene erzählen, sondern Informationen enthalten, die nicht zu sehen sind. In der Zeitung gibts eine Grundregel: kein Bild ohne Legende!

Texte in Fotobüchern sind auch optisch eine Abwechslung, sie unterstreichen die Bedeutung der Bilder. Achtlos hingestaltet sind Bilder etwa so bedeutend wie Handyfotos.

Wie man Texte inszeniert und welche Möglichkeiten für jedermann bestehen, Texte zu beschaffen, beschreibe ich in meiner Broschüre «Fotobücher gestalten», die im Publisher- Shop erhältlich ist.

Vorgehen im Fotobuchportal

Ich stelle mir eine bestimmte Seitenzahl vor, die ich in der Portalsoftware definiere. Die importierten Bilder habe ich in der Miniaturansicht vor mir liegen. Nun setze ich die Bilder ein: wie erwähnt, nur ein Bild pro Seite oder pro Doppelseite. Ich folge der inhaltlichen Struktur, die ich auf der Skizze festgelegt habe und lasse Kapiteltitel, Inhaltsverzeichnis oder Editorial frei. Wenn die Seitenzahl erreicht ist, überlege ich mir, welche Bilder ich noch zeigen will und welche davon etwas kleiner oder grösser aufgemacht werden. Ich setze also zuerst die grossen Fotos (in der Regel die besten), dann ergänze ich mit den kleineren.

Im Teil 2 geht es um Gestaltungsprinzipien, Positionierung und Grössen der Fotos im Fotobuch.

pdf-icon weiter lesen (Teil 2)....

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Quelle / Autor: Ralf Turtschi
Thema: Design & Praxis
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